Ärger kostet Zeit & Lebensfreude  

24.07.2024

"Ärger ist ein wunderbarer Hinweis, er ist ein Wecker. Sobald ich ärgerlich werde, weiß ich, dass ich den andern nicht richtig gehört habe. Die Ursache meines Ärgers sind meine Gedanken: 

Statt, dass ich mich mit dem verbinde, was in dem andern vorgeht, bin ich oben in meinem Kopf und urteile, dass er irgendetwas falsch gemacht hat."

Marshall B. Rosenberg

Ärger ist ein Resultat unserer Gedanken und oft verbringen wir - meiner Meinung nach -  viel zu viel (sinnlos) Zeit damit, uns zu ärgern. 

Wenn ich mich ärgere, erforsche ich häufig, welche Gedanken ich vorher und in dem Moment hatte. Ich bin z.T  überrascht, wie sehr ich beim anderen bin und in die Schuld-Falle tappe. 

Was meine ich damit?

Wir geben dem anderen die Schuld, dass es uns jetzt gerade nicht gut geht. 

Daraus entsteht Ärger und Wut. Wir befassen uns weiterhin mit dieser Person, was sie nicht alles falsch macht, wie schlecht oder unsympathisch oder oder oder sie ist... Der Ärger bleibt oder wird sogar noch größer. 

Ärger kostet (Lebens-)Zeit. 

Ärger ist es eine Ablenkung von mir selbst. Ich habe keine Verbindung zu mir selbst und auch keine Verbindung zu meinem Gegenüber. Wir wissen alle, wohin es führen kann, wenn Menschen ihrem Ärger freie Bahn lassen und Worte oder Handlungen wählen, die für die andere Person (sehr) unangenehm sein oder sogar bedrohlich wirken kann.

Wenn wir im Ärger sind, also bei der anderen Person, dann übernehmen wir keine Verantwortung für uns und unsere Gefühle. Wir schauen uns nicht an, was wir denn eigentlich brauchen. Wir hängen im Sekundärgefühl, dem Ärger / der Wut, fest und spüren unser Innerstes nicht.

Wie kann ich da noch gut für mich sorgen?

Ich denke, dass das sehr schwer wird, weil ich mich nicht wirklich spüre. 

Es ist wie ein Kontakt-Abbruch zu mir selbst.

Dabei können wir den Ärger wunderbar für uns selbst nutzen, indem wir die blinkende Warnlampe sehen, spüren wir, dass wir gerade etwas ganz dringend brauchen und können auf die Suche gehen, was das ist. In der Gewaltfreien Kommunikation suchen wir nach Bedürfnissen und finden das Primärgefühl hinter der Wut, hinter dem Ärger heraus.

Ich übe das sehr häufig, wenn bei mir Ärger aufkommt und ich kann sagen, dass es wirklich heilsam ist. Die Aussage "Bedürfnisse sind der Schlüssel zur Verbindung". Und zwar nicht nur zur Verbindung zu meinem Gegenüber, sondern in erster Linie zu mir selbst.

Wenn ich gut mit mir im Kontakt bin, Verbindung zum meinem Innersten habe, kommt der Blick nach außen zu meinem Gegenüber ganz automatisch. Ich kann ihn sehen, zuhören und vielleicht auch nachvollziehen, warum derjenige so gehandelt hat. Ich kann denjenigen vielleicht verstehen.        Wenn ich seine Bedürfnisse kenne, die hinter seinem Handeln stecken, dann kann ich ihn sehr sehr wahrscheinlich verstehen.                                                                                                                                         Das bedeutet wiederum nicht, dass ich mit seinem Handeln einverstanden muss.

"Ich kann nachvollziehen, dass du so gehandelt hast. Das bedeutet nicht, dass ich damit einverstanden bin."

Ja und wenn man in einem guten Austausch ist, findet man vielleicht gemeinsam eine neue Strategie (Handlung) mit der es beiden gut geht.

Probiere es mal aus, wenn du das nächste Mal ärgerlich bist:

Horch in dich hinein, was du in dem Moment gebraucht hättest, welche Bedürfnisse gerade unerfüllt waren und wie sich das wirklich anfühlt, wenn diese dir wichtigen Bedürfnisse unerfüllt sind.

Vielleicht traurig? Enttäuscht? Unzufrieden? Unter Druck? Irritiert? usw.

Das sind Beispiele für Primärgefühle. Durch die und vor allem durch unsere unerfüllten Bedürfnisse bekommen wir Verbindung und Kontakt zu uns selbst, werden ruhiger und der Ärger verfliegt. Wir übernehmen Verantwortung und können nach Wegen suchen, das sich die gefundenen Bedürfnisse erfüllen können. Vielleicht sogar doch mit diesem Menschen, der uns vorher verärgert hat...


Dieses hinter den Ärger schauen, unerfüllte Bedürfnisse und Primärgefühle finden ist Training und braucht Übung. Das ist so. Ich empfehle oft, dass man eine Situation im Nachhinein anschaut und sich Selbstempathie gibt (welche Bedrüfnisse sind unerfüllt, was hätte ich gebraucht (Bedürfnisse), welches Primärgefühl steckt hinter meinem Ärger/Wut?). Wenn du das regelmäßig machst, schaffst du es auch in diesen Ärgermomenten auf die Selbstempathie zurückzugreifen und im Ärger diesen Weg zu gehen. Es ist so heilsam und auch faszinierend.

Hier findest du noch eine kleine Anleitung, wie du deinen Ärger anschauen kannst:


1. Schritt: Innehalten, hin spüren, atmen (Achtsamkeit). Der erste Impuls sofort zu reagieren wird somit verhindert und wir fangen an nach innen zu schauen. Eine tiefe und lange Atmung, vor allem das Ausatmen, unterstützt dabei. 

(Manchmal kann es auch helfen ein Schluck Wasser zu trinken oder Sätze wie: "Warte kurz, ich muss mich sortieren.", "Ich brauche kurz eine Pause, lass uns in zehn Minuten weiterreden.")

2. Schritt: Verurteilende Gedanken erkennen (Bewusstheit). Jetzt gehen wir auf die Suche, welche verurteilenden Gedanken wir hatten bzw. haben. Das können Interpretationen der Situation oder des Verhaltens der Person sein wie z.B. "Nie ist sie pünktlich!", "Der spinnt doch!", "Das lasse ich mir nicht gefallen!!"  

Wir nehmen den aufkommenden Ärger oder Wut wahr. 

Tipp: Beobachte auch gerne mal, wo im Körper du deinen Ärger spürst. Das kann zusätzlich helfen, dass wir schneller merken, wann unserer Ärger im Anmarsch ist..

3. Schritt: Eigene Bedürfnisse erkennen (Verbindung nach innen). Wir machen uns bewusst, dass Ärger oder Wut Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse sind. Mit Blick auf die identifizierten negativen Gedanken bekommen wir eine Verbindung zu unseren Bedürfnissen, die gerade unerfüllt sind. Dieser Perspektivewechsel vom außen ins innere zu schauen führt uns weg von in unserem Beispiel "Nie ist sie pünktlich!", hin zu "Ich brauche Verlässlichkeit."

4. Schritt: Da sein lassen, was gerade da ist - atmen (Selbstempathie)

Wenn wir die unerfüllten Bedürfnisse gefunden haben, dann taucht oft auch das Primärgefühl auf. Beides zusammen schafft die Verbindung zu mir selbst. Ich spüre das mittlerweile sehr schnell.

Ich sage dann gerne zu mir selbst: "Ja, diese Bedürfnis xy ist mir wirklich wichtig.. Das hätte ich gerade gebraucht, Ja." und ich atme dabei. Ich mache dabei oft die selbe unbewusste Bewegung: Meine Hand legt sich auf meinen oberen Brustbereich. Wenn ich das mache, spüre ich, dass ich jetzt wirklich mit mir verbunden bin. Gleichzeitig bemerke ich, dass ich ganz von selbst tief einatme.

Entspannung und Entlastung kommt.


A - tmung (A-chtsamkeit)

B - ewusstheit (verurteilende Gedanken erkennen)

V - erbindung (zu meinen Bedürfnissen)

S - elbstempathie (liebevoller & wertschätzender Umgang mit mir selbst)


Danach überlege ich, ob ich die Situation noch ansprechen oder ob ich das gar nicht mehr brauche.


Probiere es mal aus. Es ist wirklich heilsam, du nutzt die Zeit für Selbstfürsorge anstatt dich mit deinem Ärger auseinander zusetzen, du wirst ruhiger und spürst mehr Lebensfreude.

Nimm dir die Zeit, gut für dich zu sorgen.

Ich grüße dich herzlich

Silvia