Du bist so anders!!

13.09.2024
"Wenn wir uns darauf konzentrieren, zu klären, was beobachtet, gefühlt und gebraucht wird, anstatt zu diagnostizieren und zu urteilen, entdecken wir die Tiefe unseres eigenen Mitgefühls."

Marshall B. Rosenberg

Ich war letztens bei einem älteren Pärchen, das vor allem kommunikativ ihre Themen in der Partnerschaft hat und es häufig dazu kommt, dass die "Andersartigkeit" des Partners zu Konflikten führt. 

"Du bist so anders!" 

Im Sinne von: "Du nervst mich - du bist "falsch", "Du denkst, handelst falsch. "Ich verstehe einfach nicht, warum du so bist und dich nicht so verhältst, wie ich."

Kennst du das auch? Natürlich verwenden wir den Ausdruck "Du bis falsch" im Sprachgebrauch eher weniger und gleichzeitig drücken die Worte und Gedanken häufig genau das "Du bist falsch" aus.

Wenn wir Verhaltensweisen andere Menschen nicht nachvollziehen können, dann kommen wir oft in ein Richtig-Falsch-Denken. Das ist menschlich und (im Moment noch) "normal."

Zurück zu meinem Beispiel:

Es ging um das Thema einkaufen:

Die Frau kauft gerne in Ruhe ein, schaut sich die Dinge im Supermarkt an und wägt zwischen Preis, Qualität und "benötigen oder nicht benötigen" ab. Sie mag es, wenn sie Zeit hat und in ihrem Tempo durch die Gänge geht. Sie genießt es.

Wenn ihr Mann dabei ist, nimmt er den Einkaufswagen und saust durch die Gänge. Er weiß, was er will weil er immer das selbe nimmt. Bei Obst und Gemüse schaut er kurz und legt es in den Einkaufswagen. Manchmal kauft er auch mehr als er wollte und das ist okay. Er möchte den Einkauf schnell erledigen. 

Die Frau schaut sich in Ruhe um, nimmt ihre Sachen auf die Arme und irgendwann sind sie voll beladen. Sie sucht nach ihrem Mann. Er ist weg, sie finde ihn nicht gleich. Ärger macht sich breit, Wut, Frustration und sie ist enttäuscht, weil er es nicht so macht, wie sie. Sie sich Gleichklang wünscht.    Sie hat auch den Wunsch, den Einkauf gemeinsam zu machen, wenn sie zusammen unterwegs sind.

Sie möchte Qualität, Genuss beim Einkauf, Ruhe und Zeit für ihren Einkauf. Wenn sie zusammen gehen, möchte sie auch Gemeinschaft und Rücksichtnahme.

Der Mann wird etwas ungeduldig, weil er schon fertig ist, alles erledigt hat und er zur Kasse möchte.

Er wünscht sich, dass der Einkauf einfach schnell erledigt wird. Das ist Sinn und Zweck für ihn: Einfachheit und Effizienz. Vielleicht möchte auch er Gemeinschaft, nur eben auf andere Art und Weise, z.B. einfach zusammen im Supermarkt zu sein. Vielleicht macht es ihm auch Spaß, durch die Gänge zu sausen.


Sie könnten sich jetzt zusammensetzen und darüber sprechen, was in ihnen lebendig ist. Also was sie fühlen und brauchen. Sie könnten dann gemeinsam schauen, ob es Wege gibt, dass sie zusammen einkaufen können oder ob das -im Moment - nicht möglich ist.


Sie konnten sich in dem Fall alleine nicht helfen und Veränderung herbeiführen. 

Sie waren im Schuld und Scham Denken:

Der eine gab dem anderen Schuld und der andere schämte sich, weil er dachte, er ist falsch.

Sehr herausfordernd für beide. Sie waren hilflos, weil sie gerne verstanden werden wollen, weil sie gehört und gesehen werden wollen und weil sie akzeptiert werden wollen.

Ja, akzeptiert werden, so wie man ist, so wie man handelt, so wie man einkauft. Auf seine Art und Weise.

In der Situation waren bei beiden Bedürfnisse unerfüllt. Sie waren ärgerlich frustriert, enttäuscht und traurig.

"Wenn wir uns darauf konzentrieren, zu klären, was beobachtet, gefühlt und gebraucht wird, anstatt zu diagnostizieren und zu urteilen, entdecken wir die Tiefe unseres eigenen Mitgefühls."

Marshall B. Rosenberg


Zuhören ohne das Empfinden richtig oder falsch zu sein. Ohne das Empfinden, dass der andere richtig oder falsch ist.

Denn: wir sind nicht richtig oder falsch. 

Wir sind Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnisse und unterschiedlichen Strategien und Verhaltensweisen.

In der Partnerschaft kann es manchmal oder oft herausfordernd sein, weil wir uns so nah sind.


Thema Einkauf:

In dem Fall war es gar nicht so schwer in die Akzeptanz zu kommen:

Ich fasste nochmal alles zusammen und sagte, dass jeder der beiden sein Tempo beim einkaufen hat. Für sie ist seins anstrengend und für ihn wäre es anstrengend in ihrem Tempo dabei zu bleiben.

Sie sind einfach unterschiedliche Einkaufstypen und das ist in Ordnung.

Das war für sie ein Augenöffner und sie kamen dann ziemlich bald zu ihrem Lösungsweg:

Er kauft in seinem Lieblingssupermarkt ein, während sie in ihrem Lieblingssupermarkt einkauft und erholt si dann mit dem Auto ab bzw., wartet davor bis sie rauskommt. Zeitlich passt das perfekt und beide sind mit dieser Lösung zufrieden.

Das Bedürfnis nach Gemeinschaft, was der Frau noch wichtig war, erfüllen sie sich dann Zuhause beim gemeinsamen Sachen raus- und einräumen und beim gemeinsamen Essen. Somit erfüllt sich und auch der Mann das Bedürfnis nach Gemeinschaft ebenfalls.


Es ist immer wieder so, dass man in der Partnerschaft alleine nicht weiterkommt und anstatt weiterhin "sich falsch" zu machen, sich nicht die Aufmerksamkeit zu geben, die jeder braucht, um gehört zu werden, können wir uns einfach Hilfe und Unterstützung von außen holen.

Wir müssen da nicht alleine durch.


Als Idee, falls du gerade denkst: ich würde mir gerne von außen holen, kann ich dir ein Paar- oder Einzel-Coaching anbieten oder ab Januar 2025 meinen Workshop (in Penzberg in Präsenz)

Du verstehst mich einfach nicht!!! Oder doch?

Kommunikation in der Partnerschaft - ein Kurs für Paare

IN PRÄSENZ


Ich grüße dich herzlich,

Silvia