Gefühle, die raus wollen und wir erstmal für uns sorgen sollten...

16.01.2024

"Zeit nehmen - bevor du reagierst. Das ist so wichtig. Nicht sofort den ersten Schritt in der Kommunikation gehen - sondern bewusst in sich zurückziehen und wahrnehmen was gerade in dir los ist. Lass dir Zeit!"

Marshall B. Rosenberg

Den Raum zwischen Reiz und Reaktion nutzen.

Das ist wirklich herausfordernd und gleichzeitig ist die Selbsteinfühlung so ein wunderbare Möglichkeit sich seiner selbst-bewusst zu werden, um gut für sich zu sorgen, Klarheit zu bekommen, den Raum zwischen Reiz und Reaktion zu nutzen und einfach wieder aufzuatmen...

Die Selbsteinfühlung ist eine der Säulen der Gewaltfreien Kommunikation (auch wertschätzende Kommunikation oder Sprache des Herzens genannt).


Ich mag dazu ein Beispiel von mir erzählen:

Letztens wollte ich mich mit einer Freundin treffen, um einerseits in einem Café gemeinsam zu frühstücken und anderseits Termine und ähnliches zu besprechen.

Wir wollten uns morgens im Café treffen. Das hatten wir 1 1/2 Wochen ausgemacht und ich hatte reserviert.

In dieser Woche war bei mir einiges los und dieses Frühstück bedeutete für mich Freude, Erholung, Miteinander, Genuss, Entspannung und auch Orientierung bezogen auf unsere weiteren Arbeits-Termine. Wir hatten am Tag zuvor - aus meiner Sicht - noch indirekt darüber gesprochen. Später stellte sich heraus, dass wir einfach aneinander vorbei geredet - also nicht klar kommuniziert - hatten.

Nun denn, im Café angekommen, wartete ich... Nach 20 Minuten war ich so irritiert, dass sie nicht da war, dass ich sie anrief. Sie fiel aus allen Wolken. Sie hatte es total vergessen.  Sie sagte, das es ihr so leid tue und es jetzt nicht mehr schaffe zu kommen.

Puuh... ich kann dir sagen, da ging es in meinem Kopf und in meiner Gefühlswelt so richtig ab. 

Ich sagte, okay und wir legten auf. Ich ging aus dem Café und meine Gefühle und Gedanken fuhren Achterbahn. Am liebsten wollte ich sie anrufen oder ihr eine Nachricht schreiben, wie sehr mich das jetzt "runterzog", wie ärgerlich ich war und enttäuscht, traurig u.v.m. Chaos in mir.

Ich spürte, wie sehr ich mich auf die gemeinsame Besprechung und das Frühstück gefreut hatte. Ich war betroffen, wie tief mich das gerade traf, weil es ja nur ein Frühstück und eine Besprechung war, die wir auch ein andermal machen konnten.

Ich war so aufgebracht. Die Wolfsshow (ärgerlich und traurig zugleich) war im vollen Gange. Ich musste mich bremsen, all das ihr nicht jetzt sofort zu sagen. Ich hatte meinem Mann gesagt, der sich frei genommen hatte, dass ich nicht mit Skifahren kann, weil ich das Frühstück, die Besprechung schon ausgemacht hatte. Das hatte ich auch noch "aufgegeben". Was für ein Sch...

Außerdem diese Freude sich zu treffen, das Highlight meiner Woche... 

Kannst du dir vorstellen, was da in mir abging? Ja, nur wegen eines Treffens.

Ich war auch überrascht, was da in mir passierte und wusste, dass mir das wohl wirklich wichtig gewesen ist.

Früher hätte ich das alles sofort rausgelassen.

Heute schaffe ich es in die Selbsteinfühlung zu gehen, weil ich weiß, dass jeder zur jeder Zeit sein Bestes gibt, was er grad geben kann und etwas zu vergessen ganz einfach menschlich ist
Ich weiß, dass diese Freundin sehr gerne mit mir Zeit verbringt.

Natürlich kommen alte Muster hoch, wie "sie hat es "verbockt" und mir geht es jetzt schlecht".

Ja, das Denken haben wir alle in uns. Es ist überall zu lesen, zu sehen, zu erleben - dieses Schuld-Denken. Jeden Tag läuft uns das über den Weg. bei anderen und bei uns selbst, bei Kindern, bei Erwachsenen. Die Frage ist: Wie gehe ich mit solchen Gedanken oder Meinungen um?

Ich mag solche Gedanken bei mir lassen, weil ich eben denke, dass jeder Mensch zum Wohle aller beitragen möchte. So kommen wir auf die Welt. 

Wir wollen beitragen.

Über die Wege, also Strategien, die nicht unbedingt "gemeinschaftskompatibel" sind, lässt sich diskutieren.

Ich bin also in die Selbsteinfühlung gegangen. Ich hatte noch überlegt bei meiner "Giraffenhotline" anzufragen, um Empathie zu bekommen bzw. Unterstützung. Meine Giraffenhotline besteht aus vier Menschen. Wir unterstützen uns, wenn wir gerade in unangenehmen Gefühlen sind, nach unerfüllten Bedürfnissen suchen (also was brauche ich gerade?) und nicht weiterkommen. Wir herausfinden möchten, um was es uns gerade geht (Klarheit) und um ggf. Empathie zu bekommen. Wir sind alle Empathische Coaches (GFKbasiertes Coachin) und TrainerInnen der Gewaltfreien Kommunikation. Sehr wertvoll. Ich frage dann in der Gruppe nach, wer gerade oder zeitnah Zeit hat, um mir zuzuhören usw. 

Ich habe sie an dem Tag nicht angefragt. 

Ich wollte selbst durch meinen Prozess gehen.

Ich habe mir und meinen Gedanken selbst zugehört, mich wahr und ernst genommen. Gefühle und auch unerfüllten Bedürfnisse erforscht. Das hat etwas gedauert. Ich wurde ruhiger und ruhiger. Ich fand meine unerfüllten Bedürfnisse. Ich konnte bedauern, dass diese Bedürfnisse unerfüllt sind und alles einfach da sein lassen.

In der Gewaltfreien Kommunikation gibt es kein Schuld-Denken, kein schlechtes Gewissen,  kein ent-chuldigen o.ä.

Wir bedauern unerfüllte Bedürfnisse und feiern erfüllte Bedürfnisse.

Bedauern und Feiern. 


Ich kam nach einer Weile zur Ruhe - ohne mit meiner Freundin in den Austausch zu gehen.

Ich übernahm Verantwortung für meine Gedanken und Gefühle.

Als ich dann "satt war" mit (Selbst-Empathie), kam der von mir so faszinierende "Shift":

Ich ging ganz automatisch in die Empathie - zu meinem Gegenüber.

Denn die Freundin hat das nicht mit Absicht gemacht. 

Wir sind in den Austausch gegangen, nachdem ich mich selbst versorgt hatte.

Sie hat mir ihre Seite erzählt, was gerade alles bei ihr los ist usw.

Es entstand Empathie, ich spürte Verständnis und vor allem 

Verbindung.

Was wäre passiert, wenn ich mit all meine Gedanken und Gefühlen rausgegangen wäre? Ich denke eher Getrennt sein, schlechtes Gewissen und Schuld-Denken.

Da mag ich doch viel lieber Empathie, Verständnis und Verbindung und vorher Selbsteinfühlung, also Verständnis für mich selbst und Verbindung zu mir.

Ich freue mich sehr, dass ich das an dem Tag geschafft habe und zwischen uns Verbindung sein durfte. Ich bin wieder mal begeistert über die Gewaltfreie (Wertschätzende) Kommunikation, die auch Sprache des Herzens genannt wird, wie hilfreich, verbindend und heilend sie ist. Ich bin sehr dankbar dafür. 

gfkfeeling


Ich danke dir, dass du bisher gelesen hast. Vielleicht konnte ich sogar dazu beitragen, dass du auch in Kontakt mit dir selbst gekommen bist oder konnte dich inspirieren, wie hilfreich Selbsteinfühlung sein kann.


Es grüßt dich herzlich

Silvia